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BGH-Entscheidung zu Streupflicht bei Wohnungseigentümergemeinschaften

Im Januar 2017 stürzte im hessischen Solms die Mieterin einer Eigentumswohnung (ETW) vor einem Mehrfamilienhaus auf dem vereisten Gehweg und verletzte sich dabei schwer. Obwohl laut Wettervorhersage für diesen Tag Glatteis angekündigt war, war der Weg zum Hauseingang nicht gestreut. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) hatte für den Winterdienst eine GmbH beauftragt, in deren Zuständigkeit die Streu-und Räumpflicht der Gehwege fiel. Das Grundstück selbst steht im gemeinschaftlichen Eigentum der WEG.

Landgericht Limburg weist Klage ab

Die betroffene Frau verklagte die Vermieterin der ETW auf € 12.000 Schmerzensgeld; das Amtsgericht Wetzlar gab der Klage statt. Anders sah es das Landgericht Limburg (LG) in der Berufungsinstanz mit dem Urteil vom 6. Oktober 2023 (3S 32/23). Rechtlich führe die Übertragung des Räum- und Streudienstes auf einen Hausmeisterdienst dazu, dass die Vermieterin nur dann in die Haftung genommen werden kann, wenn sie ihre Überwachungs- und Kontrollpflichten gegenüber dem beauftragten Unternehmen verletzt habe. Im vorliegenden Fall sah das LG dafür keine Anhaltspunkte.

Als Mitglied der WEG würde die Vermieterin zudem nur anteilig nach ihrem Miteigentumsanteil haften, führten die Richter weiter aus. Eine Pflichtverletzung nach § 280 BGB könne zwar im Grundsatz Schadensersatz auslösen, doch der Mietvertrag sehe ausdrücklich vor, dass die Kosten des Winterdiensten nach Eigentumsanteilen umzulegen sind.

Damit ist klar, dass die Vermieterin die praktische Durchführung der Streupflicht nicht selbst übernehmen wollte. Sie war lediglich verpflichtet, sich im Rahmen der WEG an der Kontrolle des Winterdienstunternehmens zu beteiligen. Eine eigene Verantwortung für das Streuen und Räumen besteht dahingehend also nicht. Lediglich bei erkennbaren Mängeln wäre eine Haftung möglich gewesen, aber nach Ansicht des Gerichts gab es dafür keine Hinweise.

BGH kippt Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung des LG auf und kam mit seinem Urteil vom 6. August 2025 (VIII 250/23) zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf Schmerzensgeld nicht mit der vom Landgericht dargelegten Argumentation abgewiesen werden kann. Die Richter führten dazu aus, dass das Landgericht nicht ausreichend geprüft habe, ob die Vermieterin laut Mietvertrag verpflichtet sei, durch eigene Maßnahmen die Begehbarkeit der auf dem Grundstück befindlichen Wege der vermieteten ETW in den Wintermonaten zu gewährleisten.

Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten

Damit habe die Beklagte ihre mietvertraglichen Nebenpflichten verletzt. Diese bestünden auch dann, wenn der Vermieter nicht Alleineigentümer des Grundstücks sei, sondern Mitglied einer WEG. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet der § 241 Absatz 2 BGB und § 535 BGB.

Gemäß § 535 BGB ist der Vermieter entsprechend verpflichtet, dem Mieter während der gesamten Mietzeit den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung zu ermöglichen; dazu gehört auch ein sicherer Zugang zur Wohnung. Demgemäß muss der Vermieter, die in seinem Verantwortungsbereich zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um Gefahren durch Eis und Schnee zu verhindern. Das BGH hob weiter hervor, dass diese Pflicht auch Flächen umfasse, die nicht unmittelbar mitvermietet sind, wie etwa der Weg vom Hauseingang zur Straße.

Pflichten folgen aus dem Mietvertrag

Der BGH betonte im Besonderen, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der Vermieter Mietglied einer WEG ist. Hierbei sei nicht entscheidend wem das Grundstück gehöre, sondern dass der Vermieter Vertragspartner des Mieters sei. Die vertragliche Verkehrssicherungspflicht folge nicht aus dem Eigentum, sondern aus dem Mietvertrag selbst.

Daher habe das LG zu Unrecht angenommen, dass die Vermieterin als einzelne Wohnungseigentümerin keine eigene Verantwortung treffe. Der BGH wies darauf hin, dass der Mieter einer ETW denselben Schutzanspruch genieße, wie jeder andere Wohnungsmieter auch. Auf Grund dessen sei es nicht gerechtfertigt ihn schlechter zu stellen. Zudem sei für den Vermieter in der Regel gar nicht erkennbar, wie die Eigentumsverhältnisse an der Immobilie genau ausgestaltet seien.

In seiner Urteilsbegründung führt das BGH aus, dass die Auffassung des LG, "zu einem unterschiedlichen Schutzniveau innerhalb des Wohnraummietrechts, das sachlich nicht gerechtfertigt ist und für das es eine rechtsdogmatische Grundlage nicht gibt", führe.

Betriebskostensonderregelung führt nicht zur Enthaftung

Die Vermieterin argumentierte dagegen, dass im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart worden sei, der Winterdienst werde von der WEG oder deren beauftragtem Dienstleister übernommen. Und so leitete sie ab, dass sie selbst von allen Pflichten bezüglich Schneeräumung und Streuung entbunden sei und deshalb im Schadensfall nicht hafte.

Nach Auffassung der Richter des BGH fand sich allerdings im Mietvertrag keine eindeutige Formulierung, die darauf schließen lässt, wonach die Vermieterin von ihrer Pflicht zum Streuen befreit sein sollte. Der Vertrag selbst enthielt zwar eine Klausel, demzufolge der Mieter grundsätzlich für die Schneebeseitigung zuständig sei, doch ist auch vermerkt, dass der Mieter nicht selbst räumen muss, sofern diese Arbeiten "anderweitig vorgenommen" und über die Betriebskosten abgerechnet werden.

Daraus lasse sich nicht ableiten, dass die Mieterin bei Versäumnissen des Winterdienstes nur gegen Dritte - WEG oder Hausmeisterfirma - Ansprüche geltend machen könne und nicht gegen ihre Vermieterin selbst. Die im Vertrag vorgesehene Umlage der Kosten für den Winterdienst nach Eigentumsanteilen ändere daran auch nichts. Diese Umlagenregelung betreffe lediglich die Betriebskosen gemäß § 556 BGB, nicht aber die Verantwortung für Sicherheit und Haftung.

Hausmeisterfirma Erfüllungsgehilfin der Vermieterin

Der BGH betonte, dass die Vermieterin ihre Pflichten zwar an die Hausmeisterfirma übertragen und sich dieser als sog. Erfüllungsgehilfin im Sinne von § 278 BGB bedienen dürfe. Dieser Umstand bedeute jedoch, dass sie für ein mögliches Fehlverhalten des beauftragten Unternehmens rechtlich in gleicher Weise hafte, als wäre es ihr Eigenes.

BGH hob Urteil des LG auf

Vom BGH wurde das Urteil des LG Limburg aufgehoben und an dieses unter Berücksichtigung seiner Rechtsprechung zurückverwiesen, um noch offene Tatsachen zu klären, die für die Entscheidung über eine Haftung der Vermieterin relevant sind.

 

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