Enteignung der deutschen Sparer
Deutsche Sparer sind geschockt. Sie sollen sich trotz faktisch abgeschaffter Guthabenzinsen durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) längerfristig mit steigenden Preisen abfinden – so die Forderung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Bereits Anfang des Jahres machte der IWF klar, dass aus eigener Sicht einzelne Mitgliedsstaaten der europäischen Währungsunion dringend mehr als zwei Prozent Inflation brauchen.
Vermögensverlust vorprogrammiert
Die ausgegebene Forderung des IWF gilt als Hiobsbotschaft hierzulande – Länder wie Deutschland müssten Inflationsraten von mehr als zwei Prozent über einen „anhaltenden Zeitraum akzeptieren“, so der Fonds. Da durch Entscheidungen der EZB die Zinsen weit unter der Inflationsrate liegen, bedeutet dies einen Vermögensverlust auf lange Sicht. Mittlerweile teilen auch einige Experten, wie beispielsweise der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, diese Meinung. Nur durch eine stärkere Preissteigerung in Deutschland sei eine Erholung in der gesamten Währungsunion möglich. „Länder wie Griechenland, Spanien oder Portugal müssen wieder wettbewerbsfähig werden. Das können sie nur durch Reformen und niedrigere Preise“, so Bofinger. „Länder wie Deutschland mit einer gut ausgelasteten Wirtschaft müssen hingegen eine höhere Inflationsrate hinnehmen“, unterstützt der Würzburger Ökonom die Begründung des IWF.
Fortsetzung der lockeren Geldpolitik
„Strebt die EZB für den Durchschnitt des Euroraums eine Inflation von knapp zwei Prozent an, dann liegen einige Länder zwangsläufig darüber und andere darunter“, so Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Aus dem Blickwinkel von Peter Bofinger kann Deutschland den Ausstieg der EZB aus der Nullzinspolitik selbst steuern – steigt nämlich die durchschnittliche Inflationsrate, so können auch die Zinsen wieder nach oben gehen. Soweit zur Theorie. Die Konjunktur der einzelnen EU-Länder befindet sich momentan in sehr unterschiedlichen Phasen. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern boomt die hiesige Wirtschaft und es herrscht nahezu Vollbeschäftigung. Betrachtet man jedoch die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in der Währungsunion, so liegt diese bei über neun Prozent und wirtschaftlich schlummern noch viele Reserven. Es wird also viele Jahre dauern, bis die Bundesrepublik weit genug zurückgefallen ist oder die übrigen Länder den Rückstand aufgeholt haben, um die Lücke zu schließen.
Preiserhöhungen drohen
Zwischenzeitlich müssen sich nun die Deutschen auf merkliche Preiserhöhungen einstellen. Zwar lag in Zeiten, als die Deutsche Bundesbank hierzulande noch selbst über Geldpolitik bestimmte, die Inflationsrate bei 2,7 Prozent – und somit deutlich über der Zielmarke von zwei Prozent – aber die bestehenden Guthabenzinsen glichen die Teuerung aus und schützte das Kapital der Sparer vor Entwertung.
Rettung zweifelhaft
Zur Rettung des gemeinsamen Währungsfonds bürdet man dem deutschen Sparer eine hohe Last auf. Außerdem bestehen berechtigte Zweifel, ob das gewünschte Ergebnis dadurch überhaupt erzielt werden kann. „Die Strategie der Europäischen Zentralbank und des IWF ist seit langem, Deutschland durch eine Geldschwemme nachzuinflationieren, um die in der Euro-Kreditblase explodierten Preise Südeuropas zu kompensieren und diese Länder wieder wettbewerbsfähig zu machen“, so Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des Münchner Ifo-Instituts. „Ich bin mir nicht sicher, ob diese Strategie funktionieren wird.“ Spaniens Industrieproduktion sei zwar noch immer um ein Viertel niedriger als vor der Krise, dennoch würden die Preise bereits stärker steigen als in Deutschland. „So kommt es möglicherweise allein zu einer realen Entlastung der Schuldner Südeuropas und im Gleichschritt zu einer Enteignung der deutschen Sparer, ohne dass die Wettbewerbsfähigkeit der Südländer verbessert wird“, befürchtet Sinn, der als Kritiker an der Geldpolitik der EZB bekannt ist.
Inflation kann aus dem Ruder laufen
In das gleiche Horn bläst der Hannoveraner Makroökonom Stefan Homburg: „Ich sehe in der Aussage des IWF vor allem ein Manöver, um den Kauf weiterer Staatsanleihen zu rechtfertigen“, so der Ökonom. Ziel der bisherigen Aufkäufe von Anleihen waren die hochverschuldeten Staaten, wie Italien und Spanien, vor dem wirtschaftlichen Aus zu bewahren. Diese Aktionen hatten aber nur wenig Einfluss auf die Preise. Eine Gefahr von Inflation sieht Homburg dennoch – bei einem großflächigen Wirtschaftsaufschwung und anziehender Kreditnachfragen werden die Konsumentenpreise steigen. Infolgedessen müsste die EZB Anleihen wieder verkaufen, um dieser Entwicklung gegensteuern. „Doch das wird sie sich nicht trauen. Die Inflation könnte dann aus dem Ruder laufen“, fürchtet Stefan Homburg.
Was kann der Sparer tun?
Wo steht nun der deutsche Sparer? Er kann die geldpolitischen Entscheidungen lediglich mit einem Kopfschütteln hinnehmen und/oder auf bessere Zeiten hoffen. Bei diesem Verhalten ist ein Vermögensverlust vorprogrammiert. Die klügere Alternative besteht darin, die eigene Anlagephilosophie zu ändern, d.h. weg von der reinen Fokussierung auf (nicht mehr vorhandene) Zinserträge und hin zur Beteiligung am Produktivvermögen der Wirtschaft. Der einfachste Weg dazu führt über einen breit streuenden Aktienfonds.
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