Erbrecht
In Deutschland werden Studien zufolge, bis zum Jahr 2020 Vermögenswerte in Höhe von insgesamt rund € 2,6 Billionen vererbt. Somit wird das deutsche Erbrecht absehbar in den kommenden Jahren, sowohl die Generation der Erblasser als auch der Erben beschäftigen.
Wer erbt, erbt alles was ihm testamentarisch oder gesetzlich zusteht – sofern er nicht das Erbe ausschlägt – also Vermögenswerte und Schulden, er wird also Gesamtrechtsnachfolger. Er erhält alle Rechte und Pflichten seines Vorgängers, ohne dass die einzelnen Rechte Punkt für Punkt auf ihn übertragen wurden. Ebenso hat der Erbe die Kosten der Bestattung zu tragen. Haben alle Erben abgelehnt, haftet der nächste unterhaltspflichtige Angehörige trotz Ausschlagung für die Bestattungskosten.
Ohne Testament zählt die gesetzliche Erbfolge
Ist kein Erbvertrag oder Testament vorhanden greift die gesetzliche Erfolge. Die Reihenfolge ist hierarchisch durch fünf sogenannte Ordnungen geregelt. Grundsätzlich gilt: Verwandte einer „nachrangigen Ordnung“ haben keinen Erbanspruch, solange Nachkommen einer „vorrangigen Ordnung“ leben.
Erben 1. Ordnung:
Ehegatten – steht grundsätzlich ein Anteil zu
Kinder – vorrangige Nachkommen erben immer zuerst
Enkel – die Enkelkinder würden nur erben, wenn deren Eltern nicht mehr leben
Kinder erben grundsätzlich zu gleichen Teilen. Wie viel ein Ehepartner erbt, hängt davon ab in welchen Güterstand man gelebt hat. Haben beispielsweise Eheleute in Zugewinngemeinschaft gelebt und Kinder sind vorhanden, erbt der Ehepartner die Hälfte, die andere Hälfte ihre Nachkommen. Bei Gütertrennung/-gemeinschaft gelten Sonderreglungen.
Erben 2. Ordnung:
Eltern, Geschwister, Nichten/Neffen
Wenn sie keine Kinder oder Enkelkinder (mehr) haben, würden Eltern, Geschwister, Nichten/Neffen - in dieser Reihenfolge - zum Zuge kommen.
Erben 3. Ordnung:
Großeltern, Onkel/Tanten, Cousinen/Cousins
Für den Fall, dass es keine Erben der 1. oder 2. Ordnung mehr gibt, würden die Verwandten der 3. Ordnung erben.
Zur Ordnung 4 gehören noch die Urgroßeltern und deren Nachkommen, zur Ordnung 5 die Ururgroßeltern und deren Nachkommen – allerdings tritt diese Erbfolge in der Praxis selten ein.
Bei der gesetzlichen Rangordnung werden nichteheliche Lebenspartner, ein ferner Angehöriger/Freund, der ihnen besonders verbunden ist, nicht bzw. nur in geringem Maße berücksichtigt. Dafür könnte beispielsweise einem unliebsamen Verwandten der Großteil ihres Vermögens zufallen. Ein Testament kann hier Vorsorge treffen.
Erbschaftssteuer
Ab einem Freibetrag wird je nach Höhe der Erbschaft ein Steuersatz fällig d.h. je näher der
Erbe familiär an den Erblasser steht, desto geringer fällt der Erbschaftssteuersatz aus. Dabei hat der Bundesgesetzgeber einen progressiven Steuersatz veranschlagt.
Seit 1. Januar 2009 gilt ein neues Gesetz für die Erbschafts- und Schenkungssteuer, dabei wurden folgende, wesentlich höhere Freibeträge festgelegt:
€ 500.000 Ehegatten
€ 400.000 Kinder
€ 200.000 Enkel
€ 100.000 Eltern, Großeltern
€ 20.000 Geschwister, Schwiegerkinder/-eltern, Neffen/Nichten, Lebensgefährte
Steuertarife für Erbfälle und Schenkungen
Je nach Verhältnis des Erben zum Erblasser werden drei Steuerklassen unterschieden.
Diese sind:
Steuerklasse I: Ehegatte, Lebenspartner
Kinder und Stiefkinder
Abkömmlinge dieser Kinder und Stiefkinder
Eltern und Voreltern (Großeltern usw.)
Steuerklasse II: Eltern und Voreltern (soweit nicht in Steuerklasse I)
Geschwister sowie deren Abkömmlinge ersten Grades
Schwiegerkinder/-eltern, Stiefeltern
Geschiedene Ehepartner und Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft
Steuerklasse III: alle übrigen Personen (Lebensgefährte, Freunde)
Der Ehepartner versteuert sein Erbe erst bei über € 500.000:
Beispiel: bis € 75.000 über dem Freibetrag beträgt der Steuersatz 7 %, 11 % sind es bis zu einer Summe von € 300.000, 15 % bei € 600.000 und 19 % bei über € 600.000 bis € 6.000.000.
Der Lebensgefährte versteuert sein Erbe bereits bei über € 20.000:
Beispiel: bereits bei € 75.000 über seinem Freibetrag versteuert er den vollen Betrag mit 30 %, 50 % sind es gar bei bei Summen ab € 6.000.000. Unversteuert verbleiben ihm lediglich € 20.000!
Der Lebensgefährte ist bei einer Erbschaft mit hohem Vermögen „der Dumme“ und wird zur Kasse gebeten. Obwohl der Freibetrag mit dem der Geschwister identisch ist, fällt er aufgrund einer Einteilung in verschiedene Steuerklassen der progressiven Steuererhebung „zum Opfer“. Er bekommt den Erbschaftssteuerhöchstsatz berechnet.
Allerdings wird sein Einkommen im umgekehrten Fall, d. h. bei Leistungen die vom Staat gewährt werden u. a. Wohngeld, Bafög, mit angerechnet.
Bei Schulden ist Risikolebensversicherung wichtig
Will sich ein nicht verheiratetes Paar, das ein Haus gekauft und dementsprechend Schulden aufgebaut hat, durch eine Risikolebensversicherung absichern, fällt es in die Steuerklasse III. D. h. falls es zum Extremfall kommt und einer der Beiden verstirbt, wird man nach Abzug des Freibetrages - € 20.000 - mit einem hohen Steuersatz belastet. Im schlimmsten Fall kann die Immobilie trotz einer vorhanden Versicherung nicht abbezahlt werden. Daher die Empfehlung in dieser Situation: wählen sie den zu begünstigenden Partner als Antragssteller des Vertrages. Weitere Informationen hierzu erhalten sie von einem unabhängiger Versicherungsvermittler.
Testament
Mit dem Verfassen eines Testaments hat der Erblasser die Möglichkeit, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Bezüglich des Nachlasses hat jeder Mensch seine eigene Auffassung. Die vom Gesetz her geregelten Bestimmungen müssen nicht unbedingt den eigenen Vorstellungen entsprechen. Grundsätzlich kann man ein Testament selbst niederschreiben. Allerdings muss es handschriftlich verfasst und mit Unterschrift versehen sein. Als Alternative dazu kann man die Hilfe eines Notars in Anspruch nehmen. Dies hat den Vorteil, dass es immer formgültig verfasst ist. Außerdem bietet die Hinterlegung des Testaments Sicherheit vor Fälschungen und dem „Verschwinden“ des Dokuments.
Diese Variante ist allerdings nicht kostenlos, da der Notar seine Dienste in Rechnung stellen wird.
Pflichtanteil
Eine Mindestbeteiligung am Nachlass sichert der Pflichtanteil im Erbrecht den nächsten Angehörigen, insbesondere den Kindern und Ehegatten, zu. Der Pflichtteil wird unabhängig vom Willen des Erblassers gewährt und schränkt somit seine Testierfreiheit ein. Die Höhe des Pflichtanteils wird an der Höhe des Erbes gemessen, aber je nach Rechtsordnung auch am Verwandtschaftsverhältnis oder an der Zahl der Erben.
Erbverzicht
Ehegatten sowie Verwandte können durch einen Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbe verzichten. Sie sind somit von der Erbfolge ausgeschlossen und haben als Folge auch keinen Anspruch auf einen Pflichtanteil. Ein Verzicht wirkt sich ebenfalls auf das Erbrecht der eigenen Kinder aus. In der Praxis kommt diese Regelung bei einer vorherigen Abfindung zum Tragen.
Wer Erbe wird, aber nicht erben möchte, hat sechs Wochen Zeit dies außer Kraft zu setzen. Vor einem Notar oder Amtsgericht muss dazu die nötige Erklärung abgegeben werden. Bei gesetzlichen Erben läuft diese Frist, ohne dass sie von einer amtlichen Stelle informiert werden.
Für „außenstehende Erben“ ist es oftmals besser ein Erbe nicht anzutreten wenn Vermögensverhältnisse „gänzlich“ unbekannt sind. Einen Überblick über die Erbmasse - beispielsweise eine Bankauskunft - kann man sich nur mit einem Erbschein verschaffen. Kurios ist allerdings, dass man diesen im Regelfall nur als Erbe erhält.
Erbschein
Der Erbschein ist eine amtliche Beglaubigung des Nachlassgerichtes und weist den Erben gegenüber Dritten als legitimen Erben aus. Er ermöglicht es über das ererbte Vermögen zu verfügen. Dies ist für alle Rechtsgeschäfte von großer Bedeutung, die mit Wirkung auf das „geschenkte“ Vermögen getätigt werden wollen: Umschreiben von Grundstücken im Grundbuch, Weiterführung eines ererbten Geschäftes, Zugriff auf Konten des Erblassers, sowie auch Käufe und Verkäufe.
Wer einen Erbschein beantragt, muss beim Nachlassgericht beweisen, dass er rechtmäßiger Erbe ist – nach gesetzlicher Erfolge, einem Testament oder einem Erbvertrag. Dementsprechend sind die dafür unterschiedlichen Unterlagen vorzulegen. Die Kosten für einen Erbschein richten sich nach der Höhe des vererbten Vermögens (nach Abzug der Schulden).
Fiskalerbschaft
Wenn zum Zeitpunkt des Erbfalles weder ein Ehegatte noch ein Lebenspartner und auch kein Verwandter vorhanden ist, tritt die Fiskalerbschaft ein. Erbe wird dann der Staat, d. h. das Bundesland dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes angehört hat. Wahrgenommen wird dies durch das Finanzministerium bzw. die Bezirksregierung. Die Erbschaft kann durch den Staat nicht ausgeschlagen werden. Jedoch haftet er für Nachlassverbindlichkeiten nur mit dem Wert des Nachlasses.
Das Erbrecht, die Vermögens- und Unternehmensnachfolge, sowie das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, zählen heute zu den wichtigsten Rechtsgebieten.
Wenn es aber darum geht einen letzten Willen zu dokumentieren, haben die Deutschen einen enormen Nachholbedarf. Nur jeder Dritte hat ein Testament aufgesetzt, oft auch noch fehlerhaft. Die meisten scheuen die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod und gehen davon aus, das Gesetz werde schon die richtigen Anordnungen treffen - wie so häufig, ein Trugschluss.
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