Vorbild Makler – sollten auch Minister für ihr Handeln haften?
Den nachfolgenden Artikel habe ich bei Pfefferminzia, dem Multimedium für Versicherungsprofis aus Hamburg, entdeckt – veröffentlicht am 10.07.2023 von Lorenz Klein. Ich bedanke mich bei Pfefferminzia den Beitrag inhaltlich verwenden zu dürfen.
Fast eine Viertelmilliarde Euro, nämlich € 243 Millionen, hat das vermurkste PKW-Maut-Projekt des früheren Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) die Steuerzahler gekostet. Der Fall wirft nun ein Schlaglicht auf die Frage, ob Politiker persönlich haftbar gemacht werden können, wenn öffentliche Gelder durch ihr eigenes Missmanagement mit vollen Händen aus dem (Auto-)Fenster geschmissen werden.
In anderen Berufen ist eine VSH gesetzlich vorgeschrieben
Für Versicherungsmakler zum Beispiel ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (VSH) gesetzlich vorgeschrieben. Sie greift typischerweise bei Beratungsfehlern, die eine Unterversicherung zur Folge haben, wodurch Versicherungsnehmer im Schadenfall erhebliche finanzielle Nachteile drohen. Dabei muss es gar nicht immer gleich das Worst-Case-Szenario „Falschberatung“ sein. „Auch kleine Versäumnisse, die im Geschäftsalltag nun einmal passieren, können zu beträchtlichen Schadenersatzforderungen gegenüber Versicherungsmaklern führen“, wie die Experten des Deutschen Maklerverbunds (DEVM) anhand eines Beispiels schildern: Der Versicherungsnehmer unterzeichnet den Unfallversicherungsantrag – doch das Original wird nicht an den Versicherer weitergeleitet, sondern versehentlich in den eigenen Unterlagen hinterlegt. Bevor der Fehler bemerkt wird, verunfallt der Kunde so schwer, dass gemäß des Vertrags Anspruch auf Invaliditätsleistung besteht. „Beträchtliche Schadenersatzforderungen“ gegenüber Versicherungsmaklern können aus solch einem kleinen Versäumnis im Geschäftsalltag resultieren.
Braucht es eine Lex Scheuer?
Aber zurück zur großen Politik beziehungsweise kleinen Politik: Bürgermeister haften als Kommunalbeamte für Schäden, die sie durch eine „vorsätzliche oder grob fahrlässige“ Verletzung ihrer Pflichten verursacht haben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Gleiches gelte auch für Bundesbeamte. Für Minister hingegen gebe es eine solche Vorschrift nicht. Die SZ konfrontierte deshalb den Verfassungsrechtler Heiko Sauer mit der Frage, ob nicht auch Minister genauso haften sollten wie ihre Beamten?
Minister-Haftung ist vernünftig
Sauer ist Professor für europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Uni Bonn, und räumte gegenüber der Zeitung ein: Eine Minister-Haftung erscheine ihm speziell im Fall Scheuer „schon vernünftig“. Dies sei aber ein Extremfall, wie Sauer hinzufügte – zumal ein neuer Haftungstatbestand dem politischen Handeln nicht zu enge Fesseln anlegen dürfe. „Man kann nicht Politik machen, wenn immer das Damoklesschwert der persönlichen Haftung über einem schwebt. Es geht ja fast immer um hohe Summen.“
Welchen Spagat eine Ministerhaftung aushalten muss
Grobe Fahrlässigkeit darf man dem Bonner Verfassungsrechtler zufolge nicht so definieren wie etwa bei einem Bauleiter. Ein Haus müsse gerade Wände und dichte Fenster haben, Versorgungsleitungen und Außenputz. In der Politik gehe es dagegen nicht nur um die Lösung von Sachfragen, sondern auch darum im politischen Geschäft zu bleiben. Im Klartext: Es geht oft ums große Ganze. „Heizungsgesetze sollen Klima schützen, Koalitionen retten, AfD-Wähler zurückholen“, listet die SZ beispielhaft auf. Diesen Spagat müsste eine Ministerhaftung abbilden, wie es heißt.
Neben den reinen Rückzahlungsansprüchen gibt es ja aber noch das Strafrecht. So droht laut Paragraf 266 eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, wenn die Pflichten zur Betreuung von „Vermögensinteressen“ verletzt würden. „Fünf Jahre Haft, das könnte auch den wagemutigsten Minister zur Sorgfalt anhalten“, wirft die SZ ein. Doch generell sei die Hürde für eine Strafbarkeit hoch. So müsste man für eine Untreue dem Verantwortlichen Vorsatz nachweisen können. Das sei aber ein Unterfangen, das sich „im Gewirr der verzweigten Verantwortlichkeiten oft genug verheddert“. Womöglich herrsche auch hier Reformbedarf, resümiert die Zeitung. Ansonsten verbleibe nur eine politische Sanktion: abwählen.
Quelle: https://www.pfefferminzia.de/nach-pkw-maut-desaster-vorbild-makler-sollten-auch-minister-fuer-ihr-handeln-haften/